Phantasiegeschichte Adler (2)
Suchen sie sich eine bequeme Liegeposition.
Schließen sie die Augen und spüren sie, wie ihr Körper auf der Unterlage aufliegt.
Achten sie darauf, dass ihr Atem gleichmäßig ein- und ausströmt.
Während sie einatmen heben sich Brustkorb und Bauchdecke ganz gleichmäßig.
Bei jedem Ausatmen lassen sie sich ein wenig lockerer auf die Unterlage sinken.
Stellen sie sich vor, sie geben ihr Gewicht mehr und mehr an die Unterlage ab.
Lassen sie sich tragen. Nach und nach gehen sie mehr in die Entspannung über.
Immer weiter, immer tiefer.
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Stellen sie sich vor, sie wären ein Adler.
Sie fliegen über saftige Wiesen, durch einen strahlend blauen Himmel und sie sind froh, auf dieser Welt zu sein.
Nichts und niemand kann sie stoppen, wenn sie fliegen.
Sie schlagen ausgelassen mit ihren Flügeln und lassen sich im nächsten Moment einfach treiben.
Glücklich über diese angenehme, leichte, fast schon schwerelose Art zu sein.
Während sie dieses angenehme Gefühl voll auskosten, bemerken sie einen Schwarm Mücken, der sie ein kleines Stückchen auf ihrem Weg begleitet.
Sie schauen den Mücken eine Weile voller Interesse zu.
Sie sehen, wie sie sich ärgern, jagen sich ausgelassen, spielen.
Wie sich diese kleinen Tiere übereinander, nebeneinander, voreinander, untereinander und hintereinander tummeln.
Sie wissen, dass sie nur etwas genauer hinschauen müssen, um sich an der Faszination, der vielen Kleinigkeiten die im Zusammenspiel die ganze Pracht der Natur ergeben, erfreuen zu können.
Sie tun es mit Begeisterung und merken, dass auch das Alte immer wieder neu entdeckt werden kann.
Sie sehen große, von Moos geschmückte Felsbrocken, deren ruhige, gelassene Beständigkeit,
deren Stärke und machtvolle Statur allen Wettern seit Jahrhunderten standgehalten haben.
Wie auch ihr Wille, gesteckte Ziele zu erreichen, allen Umständen, allen Stolpersteinen standhält.
Spüren sie die Kraft, die in ihnen entsteht?
Die Kraft, die sie täglich wieder aufstehen lässt?
Die Kraft, mit der sie fliegen, die sie ihre mächtigen Schwingen bewegen lässt?
Die ihren scharfen Blick und Verstand die nötige Energie liefert, immer neues zu sehen und zu verstehen?
Die Kraft, los zu lassen, um dies alles erleben zu können?
Noch im Gedanken fliegen sie weiter.
Sie fliegen einen ihnen endlos erscheinenden Fluss entlang.
Das Ende können sie nicht sehen.
Voller Energie springen Wellen des reinen, glas klarem Wassers in kleinen Stromschnellen, spielerisch über das braune, von Moos bedeckte Gestein.
Glitzernder Kies liegt schimmernd im Flussbett.
Links von ihnen erstrecken sich riesige Felder und Wiesen, die von Sonne verwöhnte Früchte tragen.
Eine unendliche Ruhe und Geborgenheit breitet sich in ihrem Körper aus.
Sie wandert vom Bauch, über den Brustkorb, durch Arme und Beine, bis in jede Federspitze, bis in jeden Fußzeh.
Der Gesang der um sie herum, mehrstimmig zwitschernden Vögel, ist wie eine Befreiung für sie.
Sie sind in guter Gesellschaft, und doch können sie tun und lassen, wonach ihnen gerade ist.
Spüren sie diese unendlich friedvolle, unbefangene Schönheit der Natur?
Rechts von ihnen sehen sie einen alten, wunderschön gewachsenen Mischwald, dessen Artenvielfalt und Tierwelt sich vor ihnen in seiner gesamten, atemberaubenden Schönheit erstreckt.
Wildhasen gehen zu Gruppen geschlossen auf Futtersuche.
Sie hupfen wild, mit ihren Stummelschwänzchen wackelnd, spielend neben - und übereinander, durch das grün sprießende Dickicht aus Wildblumen und Gräsern.
Wildschweine scharren mit ihren Hufen, in dem von lockeren Moos und Gräsern bewachsenen Waldboden.
Dabei schniefen sie mit ihren großen Nasen in einigen verlassenen Fuchsbauten.
Irgendwo klopft ein Specht.
Sie fliegen einfach weiter, wissend wie schön die Natur sein kann.
Insekten fliegen tief an ihnen vorbei.
Diese kleinen Tiere fliegen Kunststückchen, bilden Figuren und Bilder.
Dann biegen auch die Insekten ab und fliegen in den Wald.
Es wird langsam dunkel und sie suchen sich eine Stelle, in dem nächsten saftig grünem Beerenstrauch.
Besinnlich fallen erste warme Tropfen eines sanften Sommerregens.
Sie lassen sich nieder, schütteln die gewaltigen Flügel, den Kopf, öffnen und schließen ein paar Mal den Schnabel und laufen langsam in das dichte Geäst.
Dort naschen sie ein paar Beeren und warten, eingekuschelt in ihr weiches Federkleid.
Geschützt von dem Strauch, schauen sie auf den warmen Leben spendenden Regen.
Langsam fängt es an, zu nieseln.
Fast zaghaft sprüht der Himmel einen Nebel, sanfter, kleiner Tropfen wie Staub auf die Erde.
Zusehens steigert sich die Größe der Tropfen, bis der Wolkenbruch seine volle Stärke erreicht hat.
Wie Bindfäden fällt das Wasser nun vom Himmel.
Er fällt auf die von der Sonne verwöhnten Pflanzen und versorgt die Natur mit kostbarem Nass.
Sie sehen wie es die Erde dankbar in sich aufnimmt und genießen den monotonen Gleichklang.
Das plätschern jedes einzelnen Tropfens, der in die, sich vor ihnen angestauten Pfütze fällt.
Sachte strecken sie den Kopf aus dem dichten, sie schützenden Blattwerk und nehmen einen Schluck aus dem glasklaren, kühlen Wasser dieser Pfütze.
Spüren sie, wie das kühle Wasser sanft und durst stillend ihre Kehle hinunter fließt?
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Mit diesem wohligem Gefühl im Körper atmen sie nun langsam und intensiv ein paar Mal tief durch- und kommen langsam in das Hier und Jetzt zurück.
Bleiben sie nun noch einige Zeit ruhig liegen und fühlen sie, wie das Erlebte auf ihren Körper wirkt. Spüren sie in sich hinein.
Öffnen sie jetzt die Augen, blinzeln sie.
Bewegen sie zunächst nur die Finger und Zehen. Fahren sie mit ihren Armen fort.
Recken und strecken sie ihren gesamten Körper und beginnen sie langsam sich aufzurichten.